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Gothic meets Klassik 2017

Von Entertainern, euphorischen Fans und magischen Augenblicken

17.11.2017 [lh] Das Haus Auensee, mit seiner einmaligen Kulisse aus Stuck und Verzierungen, bietet für das diesjährige Gothic meets Klassik 2017 (ROCKVERSION) eine wunderschöne Location. War die Kritik zuvor am Sound der gewählten Lokalität groß, so konnte insbesondere die erste Band des Abends, THE BEAUTY OF GEMINA, unter Beweis stellen, dass Klangerzeugung und gute Saalakustik Hand in Hand gehen können.

Das Haus Auensee ist bereits gut gefüllt, als das Wetterspiel der Schweizer Band beginnt. Ein morgenrot-artiges Licht taucht die Bühne in einen zarten roten Ton. Michael Seles tiefe, berührende Stimme erwärmt den Saal. Michael Sele ist bekannt für sein versiertes Können an diversen Instrumenten. Dass es ein Unterschied ist, ob man ein Instrument nur spielt – oder es lebendig werden lässt, wird beim Lauschen seiner Klänge schnell klar.

Blues mischt sich mit Darkrock, Darkwave und Country. So bieten die 5 Musiker, bestehend aus zwei markanten Western-Gitarren, E-Bass, Violine, Drums, Saxophon und Cello ein abwechslungsreiches und durchaus herausstechendes Bühnenprogramm. THE BEAUTY OF GEMINA werden wir am nächsten Tag im orchestralen Gewand vermissen. Ihre Sommergewitter inszenieren THE BEAUTY OF GEMINA nicht nur instrumental, auch die Lichtshow muss an dieser Stelle gelobt werden. Vom Gewitterblitz über den sanften Regen bis hin zum Aufklaren und der frischen Luft, kann man alle Analogien auch direkt nachfühlen. Die Musiker erleben jeden Song für sich und ab und zu erwischen sie sich gegenseitig beim Lächeln. Spätestens bei Dark Rain hört man dann jeden im Publikum mitsingen. „Nicht tanzen“ war hier auch vom ersten Song an nie eine Option. Michael kletterte mittlerweile auf eine Box und nimmt den Saal noch einmal auf eine ganz besondere Art und Weise ein. Das goldene „Abendlicht“ erhellt noch einmal, bevor es endgültig Nacht wird und die Band von der Bühne verschwindet. Der Applaus ist groß und die Musiker werden gebührend gefeiert, auch wenn das Publikum sich wesentlich mehr Spielzeit gewünscht hätte.

Ein herzliches Dankeschön an Helge R für die Bilder zu THE BEAUTY OF GEMINA.

Die Umbaupause ist lang und einige „immer-dabei-Fans“ werden langsam ungeduldig, als nach knapp 20 Minuten eine Band die Bühne betritt, die zur vorherigen Kapelle einen gewaltigen Kontrast bildet. Die ROCK – VERSION des Gothic meets Klassik 2017 bekennt nun Struktur.

Unruhiges, diffuses weißes Licht erstrahlt die Bühne und die Fotografen wittern ein interessantes und bildumkämpftes Spektakel; das Licht wird unruhiger. Im Graben ist es deutlich kühler als im Publikum. Nebel hüllt die Bühne ein und der Jubel wird laut. Die Hitze aus dem Publikum überträgt sich auf den Schauplatz und so ertönen im fast stroboskobartigen Licht die ersten Töne zu Bastard. Martin Soer, der Frontmann von STAHLMANN ist noch dick angezogen. Das soll sich im Laufe der kurzen, aber knackigen Bühnenshow noch ändern. Der Sound ist gut gemischt und die brachialen Klänge finden sich weich im Haus Auensee ein. Die Show ist geprägt von nahezu choreographischen Leistungen der Gitarren und des Basses. Hier und da wird eine Gitarre auf dem Finger balanciert und eine fototaugliche Pose den Fotografen zum Fraß vorgeworfen und mit Dankbarkeit empfangen.

Das Publikum ist voll da und lässt sich gerne auf die Animationen der Band ein, es wird geklatscht, getanzt und mitgesungen. Song 3 bildet wohl die Hymne (Stahlmann) der Band und Hände sind in der Luft. Dort verharren sie auch bei Songs, wie Adrenalin oder Spring. Hier wird das Licht gezielt eingesetzt, um der „neue deutsche Härte“ – Fraktion weiter anzuheizen.
Die Bühne wird düster und eingefleischte Fans können erahnen, was diese Dunkelheit zu verheißen hat. Gegenlicht wird visuell blendend laut. „Schwarz“ ertönt und die Masse kennt kein Halten mehr. Doch so euphorisch, wie der Saal nun ist, so ernst wird auch die nächste Ansage: es sollte die letzte gemeinsame Show mit Frank werden. Seine Gitarre tauscht er gegen die Fronterrolle in seinem neuen Projekt SCHATTENMANN.

Mit „Süchtig“ verabschieden sich STAHLMANN von der Bühne mit einem lauten Knall und das Publikum fühlt sich angeheizt und unbefriedigt zurückgelassen. Die kurze Show verlangt eine Zugabe, doch diese werden STAHLMANN dem Publikum nicht gewähren – sie verlagern ihre Fortsetzung ins Klassik Programm am folgenden Abend und (SPOILER!) entschädigen damit problemlos und stilvoll.

Mit TANZWUT hat sich die Rockversion des Gothic meets Klassik 2017 definitiv einen der stärksten Acts des Abends ins Haus geholt. Man schätzt die Band und ihre Shows seit vielen Jahren und auch heute ist eine große Fanbase vor Ort und begrüßt die Band herzlich. Vorweggenommen – TANZWUT sah man bereits in vielen Gewändern und stets mit viel Liebe zum Detail – doch was bei STAHLMANN noch hart wirkte, aggressiv und choreographiert, ist bei TANZWUT koordinierter Spaß und eine elegante Reise durch geplante Showelemente und Programmpunkte.

TANZWUT haben sich fürs Gothic meets Klassik viele Gedanken gemacht und jeden Song in ein Feuerwerk der Inszenierungskunst gehüllt. Mit „Freude schöner Götterfunken“ betreten die Spielmänner die Bretter die die Welt bedeuten und versprechen einen tollen Abend. Blacklight und Masken werden auf der Plattform in Szene gesetzt und bieten ein beeindruckendes Bild. Das Licht ist eine Wonne für alle Fotografen im Graben und auch das Publikum ist erheitert. Nicht zuletzt auch durch die erleuchtenden Gitarren der Band, die neben den liebevoll gestalteten, magisch schwebenden Masken einen weiteren Hingucker bieten.

„Wie das Meer“ wird als zweiter Song wörtlich genommen. Hände sind in der Luft und schwingen stöhnende Wellen der Euphorie. In blaues Licht getaucht, verliert sich auch der Teufel in das Händemeer und singt dankbar die markanten Zeilen der Band. Bei „Freitag der 13.“ verschwinden die Gitarren in Nebelfontänen, und noch bevor Song 3 ertönt, kocht die Stimmung im Saal bereits über.

Elektro- Fans kommen auf ihre Kosten, die Samples verleihen der Location eine weitere neue Atmosphäre, die erst skeptisch, aber positiv vom Publikum in Bewegung verwandelt wird. Auch auf der Bühne passiert viel. Schwarz bemalte Geister necken den Sänger und kommunizieren zwieträchtig mit der Band. Pyro gibt alles und schwingt seine Marktsackpfeife nur knapp aber gekonnt hinweg über den Kopf seines Kollegen. Nicht zum letzten Mal heute Abend.

Zwischen Sombreros und Bühnenspiel werden auch die weiteren Songs der Spielmänner bemerkenswert gefühlvoll arrangiert und selbst jene im Publikum, die zuvor vielleicht nicht zu den Stammgästen vor der Bühne gehörten, können die Augen nicht von der Gruppe lassen. Nach „Spiegelkabinett“ und „Brüder im Geiste“ und lautem Gesang wollen TANZWUT mit ihrem letzten Song noch einmal beweisen, was sie können. Sie sind nicht nur hervorragende Spielmänner, sie sind die geborenen Entertainer und Bastler. Das den Fans vertraute Trumscheit wird hervorgeholt und in sternförmiger Formation erhoben und bespielt. Überrascht ist nun auch der letzte jungfräuliche TANZWUT – Besucher. In blutrot erleuchtet das Trumscheit eines jeden Spielmannes auf der Bühne und hüllt die Bühne ein letztes Mal für TANZWUT an diesem Abend in nicht nur warmes Licht, sondern auch lauten Applaus und Frohlockung.

OOMPH! wurden vom Publikum am Abend mit besonderer Vorfreude erwartet. Die Halle des Haus Auensee hat sich gefühlt noch einmal doppelt so stark gefüllt und Unruhe und Aufregung machen sich im Publikum breit. Lautes Gemurmel, verheißungsvolles Anstimmen bekannter Songs und viele Bandshirts sind visuell und akustischer Beweis dafür, dass OOMPH! den heimlichen Headliner des Abends geben.

Die Vorfreude wird nicht enttäuscht. OOMPH! spielen alle Hits und Dauerbrenner und die Zuhörer sind auf dem Höhepunkt ihrer Emotionen. Von „Der neue Gott“ über „Träumst du“ bis „Labyrinth“ sind neue und alte Liebeleinen der Zuschauerschaft vertreten. Besonders bemerkenswert sind allerdings nicht nur die besonders gut gewählten Titel – die durchweg hervorragende musische Leistung der Spieler ist zielführend für die grandiose Stimmung im Saal. Dero glänzt mit konstant sauberer stimmlicher Leistung und ist ebenso gefühlvoll in seiner Darbietung, sodass auch die ruhigeren Titel ihren Schmerz nach außen tragen.

Groß animieren muss er das Publikum allerdings nicht, es klatscht, singt und bewegt sich ganz von allein. Manchmal verstummt Dero und hört der Masse beim Singen seiner Zeilen zu – bedankt sich mit einem breiten Lächeln und einer noch enthusiastischeren Show. Selbst im Fotograben wird getanzt und gesungen. Es gibt keine Zurückhaltung mehr. Das Haus Auensee gehört am heutigen Abend OOMPH!. Gekrönt wird die Show zum Ende hin mit dem gewagten Sprung Deros ins Publikum, wo er sich als Crowdsurfer feiern lässt und den ein oder anderen Ohnmachtsanfall provoziert. Das überwiegend weibliche Publikum ist ganz besonders erfreut über die Tuchfühlung mit Dero. Auch OOMPH!s Gitarrist hat heute Abend besonders Spaß, jeden Titel singt er lauthals mit, versteht zu entertainen und genießt den Applaus der Menge.

Als die Show beendet ist und nach Zugabe verlangt wird, betritt Dero noch einmal allein die Bühne und spielt, nur mit einer Drum bewaffnet ganz intim eine akustische Version von „Mein Herz“. Das Publikum singt lauter als er und der Chor aus Herzen verstummt berührt und melancholisch mit dem Abgang Deros von der Bühne.

Der Saal ist leerer geworden. LETZTE INSTANZ bilden am heutigen Abend einen interessanten Abschluss, wenngleich der Platz in der Running Order nicht sehr dankbar für die 20 jährige Band aus Dresden gewählt ist.

Der harte Kern bleibt auch bis zum Schluss und interessierte Konzertgänger freuen sich bereits nach den ersten Songs auf die orchestralen Varianten der Songs. Wie immer enttäuschen LETZTE INSTANZ nicht mit ihrer Darbietung. Im Gegenteil. Mitreißerisch bringen sie ihre beliebtesten Songs auf die Bühne und die Streichinstrumente glühen vor Leidenschaft. Sympathiepunkte sammeln die Herren auch diesmal wieder durch Menschlichkeit und ihren warmen Ansagen. Sie positionieren sich politisch ohne abzuwerten. LETZTE INSTANZ betonen schon immer, was sie schätzen und dies wird vom Publikum ebenso lautstark geehrt.

Zwischen Händen, die sich berühren und tränenden Augen klingt der Abend für die Gäste des ersten Abends des Gothic meets Klassik mit LETZTE INSTANZ besonders gefühlvoll aus. Melancholie folgt Schwerelosigkeit und so verabschiedet sich die Band vor ihrem zwar kleiner gewordenen, aber begeistertem Publikum mit ebenso herzlichen Worten in den folgenden Abend.

Müde, aber glückliche Gesichter verlassen den Saal. Draußen ist es kalt geworden, doch an der Hitze des Abends kann sich die Zuschauerschaft noch lange erwärmen.

Redakteurin: Lisa Hähnel

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