[a]live: promotion » » Open Flair 2019

Open Flair 2019

2019-08-08_openflair_05_donots_242

Geballtes Programm zum 35. Geburtstag

11.08.2019 [al] Ich könnte diesen Bericht über das Open Flair ähnlich wie die letzten Berichte über das Festival beginnen: dass es in Eschwege, inmitten der hessischen Kleinstadt stattfindet und und und. Nein, dieses Jahr möchte ich direkt am Anfang einfach sagen: Happy 35th Birthday, Lieblingsfestival! Vielleicht verstehen wir uns so gut, weil wir vom Alter her nicht so weit auseinander liegen. Vielleicht bin ich aber auch einfach immer wieder gern bei dir, weil du es mir so leicht machst, dich zu mögen.

Jedes Jahr schaffen es die Macher des Open Flair, sowohl große nationale und internationale Acts zu buchen, als  auch wieder kleinen, unbekannten Bands und Künstlern eine Bühne zu geben. Überraschungen hinsichtlich Musik und Performance gibt es immer.

Aber es gibt auch Bands, die scheinen fast Pflichtprogramm zu sein, wie z. B. „Das Pack“, die direkt als zweite Band am Mittwoch des diesjährigen Festivals auf der Seebühne spielten. Wie bereits die letzten Jahre öffnete das Hauptgelände am Werdchen erst am Freitag seine Tore. Pensen Paletti und Flozze von „Das Pack“ animierten das Publikum direkt zum Mitsingen und Klatschen. Da ließen sich die Fans nicht zweimal bitten. Schon jetzt herrschte gute Stimmung. Direkt im Anschluss spielte ein erstes internationales Highlight mit „The Subways“. „You are the sun, you are the only one. Be mine, be mine like a Rock’n’Roll queen“. Na, wer hat jetzt direkt einen Ohrwurm? Aber es wäre schade, die Band auf nur diesen einen Song zu reduzieren, auch wenn es ihr bisher erfolgreichster Hit ist. Die drei Briten lieferten eine richtig gute Show ab. Das war sympathisch, voller Energie und hat einfach nur Spaß gemacht.

Als die „Alex Mofa Gang“die Bühne betrat, konnte sie  das tanzende Publikum einfach übernehmen. Sänger Sascha Hörold setzte sich mitten in den Kreis seiner Fans und surfte später auf einem Brett erst ein wenig über die Köpfe, ehe er sich voll ins Geschehen stürzte zum Crowdsurfen. Neben ihm ein Rolli-Fahrer. Ja, die Band aus Berlin hatte Bock. Sascha sagte einmal in einem Interview “Die Konzerte sind das, wofür wir die Musik machen.” Da kann ich nur sagen: Jungs, macht weiter so. Das funktioniert gut! Den persönlichen Abschluss des Tages bildeten für mich die Österreicher von „Russkaja“. Polka-Beats gepaart mit Rock und folkloristischen Klängen begeisterten das Publikum. Ein gelungener erster Tag am Werratalsee neigte sich somit dem Ende.

Und auch der Donnerstag zeigte ein extrem feierfreudiges Publikum und Bands, die sichtbar Lust darauf hatten, hier zu spielen. Da waren beispielsweise „Shame“ aus England. Rotzig und rockig. Bei dem Bassisten Josh Finerty fragte man sich, wie er die Show überhaupt durchsteht: er flitzte permanent von links nach rechts und zurück und sprang, was das Zeug hielt. Und auch hier gönnte sich Sänger Charlie Steen ein Bad in der Menge. Ganz im Gegensatz zum agilen Shame-Bassisten passierte bei „The Intersphere“ in dieser Hinsicht nicht so viel auf der Bühne, aber der volle, gute Sound animierte dennoch das Publikum zum Abgehen.

Das Debüt-Album „Cheeky Heart” von „City Kids Feel The Beat” hat lange auf sich warten lassen. Die Platte ist erst im Oktober 2018 erschienen, aber die Ulmer Band gibt es bereits seit 2011. Sie traten bisher mit u.a. Anti Flag, Zebrahead oder auch den Deez Nuts auf. Recht erfolgreich war ihre Coverversion des Lady Gaga Hits „Applause”. Das durfte natürlich gegen Ende des Auftritts nicht fehlen. Der Berliner Rapper „Megaloh“ stach im Anschluss musikalisch etwas hervor. Seit mehr als 20 Jahren ist er allerdings schon in der Rap-Szene aktiv und bekannt und so verwunderte es nicht, dass er auch das Eschweger Publikum im Griff hatte.

Ganz klarer Headliner des Abends waren die Donots. Und dieser Aufgabe wurden sie mehr als gerecht. Niemand hätte wohl auch etwas anderes erwartet. Die fünfköpfige Band aus Ibbenbüren feiert in diesem Jahr ihr 25-Jähriges Jubiläum. Ihre Hits, eigentlich egal, ob in Deutsch oder Englisch, kennen viele der Anwesenden und man muss nicht mal ein Album zu Hause haben, um hier und da lauthals mitsingen zu können. Die Donots überzeugen. Immer wieder. So auch an diesem Abend. Und so versammelten sich gefühlt alle Festivalbesucher des Wochenendes vor der Seebühne und feierten mit den Donots. Spätestens jetzt wurden die Tanzschuhe ausgepackt. Ingo Donot ging so weit und schuf den Begriff der „Eschweger Peitsche“: 20.000 Menschen hauen sich friedlich gegenseitig auf die Fresse gegen Nazis. Gibt es eigentlich mittlerweile einen Wikipedia-Eintrag dazu, wie ihn Ingo gefordert hat?

2019-08-09_openflairAm Freitag wurde traditionell das Hauptgelände am Werdchen eröffnet. Nachdem „Spit” direkt die große Radio Bob-Bühne bespielten, eroberten die Franzosen von „Ze Gran Zeft“, deren Name zum Schmunzeln verleitet, die Freibühne. Sie zeigten sich exzentrisch und brachten mit ihrem Alternative Crunk Rock – wie sie es selbst nennen – das Publikum in Bewegung. Nachdem im Dezember 2016 der frühere Sänger Austin Carlile von „Of Mice & Men” aus gesundheitlichen Gründen leider seine Karriere beenden musste, war sicher erst einmal unklar, wie es wirklich weitergeht mit der Band. Doch ein neuer Frontmann wurde mit Aaron Pauley gefunden. Harte Töne peitschten über das Werdchen, es bildeten sich Circlepits. „Kafvka” überzeugten bereits 2016 das Publikum des Open Flair. Bereits damals konnten sie sicher neue Fans dazu gewinnen und so wunderte es nicht, dass beim diesjährigen Auftritt beste Stimmung herrschte.

„Makabar“ eröffneten währenddessen das Gelände an der Seebühne am dritten Tag, gefolgt von „Deaf Havana“. Leider war das Areal am Werratalsee nicht so gut besucht, aber die Fans, die da waren, feierten die Band. Ein kurzer Sprint führte mich zurück zum Hauptgelände am Werdchen, um die Show von „Nothing But Thieves” zu sehen. Die Briten veröffentlichten 2015 ihr Debütalbum und machten durch Songs wie „Amsterdam” Lust auf einen Live-Einblick. Das Publikum wurde nicht enttäuscht. „Madsen“ gehören auch zu den Dauergästen auf dem Open Flair. Ursprünglich waren sie allerdings gar nicht geplant für dieses Jahr, aber als „Good Charlotte“ aufgrund eines Todesfalls in der Familie ihre gesamten Auftritte abgesagt hatten, darunter auch den in Eschwege, war man froh, mit „Madsen“ noch einen so guten „Ersatz“ gefunden zu haben. Und auch Madsen selbst haben sich sehr über die Einladung gefreut. Zu Ehren von Good Charlotte gab es einen Coversong und auch “Basket Case” von Green Day wurde zum Besten gegeben.

Und dann kam einer dieser Momente, die man auf einem Festival vermeiden möchte: die Überschneidung zweier Bands, die man eigentlich beide unbedingt sehen will. So geschehen dieses Jahr mit den Stuttgarter Kult-Hip Hoppern der „Fantastischen Vier“ und der kalifornischen Punkrock-Band „Zebrahead“. Hier hat sich mein Fan-Herz zugunsten der Kalifornier entschieden. Die ersten paar Minuten der Fanta 4 konnte ich dennoch kurz genießen und ein wenig zu beispielsweise “Was Geht” mit dem Kopf nicken. Ja, die Klassiker gehen immer. Dann hieß es: schnell zur Seebühne, denn dort fingen gerade “Zebrahead” mit ihrer Show an. Die Kalifornier nehmen sich selbst überhaupt nicht ernst auf der Bühne, sie blödeln herum. Im Gegensatz zu den bisherigen Konzerten auf der Seebühne an diesem verregneten Freitag war der Platz zum ersten Mal richtig gut gefüllt. Zebrahead sind Garanten für gute Laune. Ein Konzert ohne ihre Einlage von “drink drink my germans” ist fast nicht mehr vorstellbar. Auch der obligatorische Ritt auf dem Schlauchboot über die Menge durfte nicht fehlen. Und der Regen? Der wurde einfach weggetanzt.

Nur wenige Bands schaffen es, an Tag 4 eines Festivals schon am frühen Nachmittag so viel Publikum vor die Bühne zu ziehen. Eine dieser Bands ist Sondaschule. Sie haben schon oft auf dem Open Flair gespielt und die Macher wissen, dass gute Stimmung immer direkt im Handgepäck dabei ist. Auf der Freibühne spielten im Anschluss Dave Hause & the Mermaid. Mir war der Singer-Songwriter bis zu diesem Wochenende kein Begriff. Wenn mich nun jemand fragen würde, ob man sich Dave Hause mal anhören sollte, wäre mein Antwort ein ganz klares: JA! Unbedingt. Seit 2010 ist der Künstler auf Solopfaden unterwegs, seit 2 Jahren allerdings wieder in fester Begleitung einer Band. Seine Show war musikalisch ausgereift. Auf der Bühne stand ein Mann, der wusste, wie man ein großes Publikum in seinen Bann zieht.

2019-08-10_openflair_05_entershikariWer schon einmal auf dem Open Flair war, weiß, dass die Securities Spass haben und sich auch immer wieder was neues einfallen lassen. Da wären beispielsweise die Neon-Sportanzüge im 80er Jahre Stil mit blonden Perücken im letzten Jahr bei Milliarden. Dieses Jahr gab es dann vor dem Auftritt von Eskimo Callboy den Einmarsch der „Flairwatch“. Ja, die Securities kamen in an die Kultserie „Baywatch“ angelehnten Rettungsschwimmer-Outfits in den Graben. Eskimo Callboy selbst spielten zum zweiten Mal auf dem Open Flair. Die Band, die mittlerweile auch international große Erfolge verzeichnet, zeigte dem Publikum am Nachmittag, wo der Hammer hängt.

Mit den härteren Tönen ging es dann auch auf der Seebühne mit Annisokay weiter. Bei Enter Shikari wurde es danach richtig wild. Sänger Rou Reynolds bewegte sich exzentrisch über die Bühne, sang inmitten seiner Fans, es flog Farbpulver durch die Gegend und es bildete sich ein riesiger Circlepit. Hier wurden keine kleinen Brötchen gebacken. Rou setzte dem Ganzen noch die Krone auf, als er auf den FOH-Turm ging, sich dort auf die Brüstung stellte und von dort aus weitersang. Selbstinszenierung at it’s best.

Es folgte mein persönliches Highlight des Samstags: Bosse. Der 39-jährige spielte zum mittlerweile vierten Mal auf dem Open Flair und von Jahr zu Jahr wächst die Fangemeinde. Zu recht! Bosse und seine Band begeisterten, rissen alle mit, animierten zum Tanzen und Mitsingen. Der Sänger musste nur kurz zu klatschen anfangen, schon taten es ihm tausende Hände gleich. Der Auftritt war fantastisch und richtig viel und gut für’s Herz.

Immer wieder sprachen die verschiedensten Künstler, so auch Bosse Die Organisation Viva Con Aqua an. Ein Thema, welches auch mir persönlich am Herzen liegt. Am Ende des Festivals stand fest: Rekord! Mehr als 10.000 Becher wurden während des gesamten Open Flair Festivals 2019 gesammelt. Eigentlich immer noch zu wenig, wenn man die Anzahl der Besucher und die Dauer der Veranstaltung betrachtet, aber jeder Cent, der Viva Con Aqua zugute kommt, bedeutet: irgendwo in Afrika kann wieder ein Brunnen gebaut werden!

Nach dem Auftritt von Bosse wurde es dann tatsächlich noch voller auf dem Werdchen. Die nächste ganze große Band: Die Toten Hosen. Da passte keine Maus mehr mit auf den Platz. Währenddessen neigte sich das diesjährige Programm auf der Seebühne dem Ende entgegen. Mit Frittenbude und Beyond The Black gelang den Machern des Festivals zweifelsohne ein großartiges Finale des vorletzten Abends.

2019-08-11_openflair_05_swissunddieandernDer Sonntag wurde von The toten Crackhuren im Kofferraum eröffnet. Das Leben hat es vielleicht mit der Band nicht immer gut gemeint, aber sie sind noch da, hatten ihr drittes Album “bitchlifecrisis” veröffentlicht und sangen mit klaren Worten über das, was sie bewegte. Mit einem Augenzwinkern, verpackt in Glitzerjacken und Dancemoves. Auf der Freibühne schlossen sich danach Django S an und versorgten das Eschweger Publikum mit einer gehörigen Prise Ska-Punk.

Was waren die Fans von ZSK im Jahre 2011 erleichtert und begeistert, als die Band vier Jahre nach Auflösung ihre Re-Union bekannt gab. Das Konzert der Berliner Polit-Skate-Punk-Band zeigte, dass sie Bock hatten – und das Publikum erst. Mit ihrem aktuellen Album „Hallo Hoffnung“ konnten sie sogar in die deutschen Top 20 Album-Charts ziehen.

„Yungblud“ – was kann man über den jungen Briten erzählen? „Völlig durchgeknallt“ ist vermutlich eine ganz passende Beschreibung seiner Bühnenshow und das war auch gar nicht negativ gemeint. Wie ein Energiebündel sprang der junge Musiker über die Bühne, der sich ein paar Tage zuvor den rechten Arm gebrochen hatte. Mit Gips stand er nun da und erzählte mit breitem Grinsen, dass die Ärzte ihm natürlich von den Konzerten abgeraten hätten. Aber Yungblud pfiff drauf und lieferte eine erstklassige Show. „Punk trifft Rap, Eskalation und Pogo treffen ein brandaktuelles politisches Anliegen”, so ein Auszug aus dem aktuellen Pressetext von Swiss + die Andern. Diese Band war schon seit einiger Zeit extrem angesagt, Konzerte ihrer vergangenen Tour wurden teilweise in größere Locations verlegt oder es gab Zusatzshows. Und auch auf dem Open Flair stellten sie ihre guten Live-Qualitäten unter Beweis.

Mit geballter Frauenpower von „Chefboss” ging es dann auf der Freibühne weiter. Sängerin Alice Martin und Tänzerin/Choreografin Maike Mohr hatten viel Spass auf der Bühne. Begleitet von einem DJ und zwei weiteren Tänzerinnen war da viel Energie. Tanz und Gesang standen im Einklang, beides auf gleicher Ebene, keines von beiden war wichtiger als das andere. Hier wurde wahrlich der „Freak aus jedem herausgeholt“. Etwas ruhiger wurde es dann mit Von Wegen Lisbeth auf der Hauptbühne, die 2016 mit ihrem Debüt-Album den Durchbruch feierten. Die Indie-Pop-Band begeisterte mit ihrer ganz eigenen Instrumentalisierung, den ausgefeilten Texten und den Details dazwischen.

Im Folgenden machte sich „B-Tight” bereit, der seit mehreren Jahren jährlich ein neues Album auf den Markt brachte. Dass das qualitative Einschränkungen mit sich bringen könnte, ließ sich hier klar von der Hand weisen. Der Rapper, der gern provoziert, hatte sich vor ein paar Jahren mit seinen B-Tight-Playaz musikalisch auch in rockigere Gefilde vorgetastet. Bei seinem Auftritt auf dem Open Flair 2019 wurde er am Mikrofon von Monzy-De unterstützt, der seit ein paar Jahren Bestandteil der Live-Crew ist. Hier ging ordentlich die Post ab.

2019-08-11_openflair_11_theoffspringMit ihrem aktuellen Album „Gravity” konnten „Bullet For My Valentine nicht alle Kritiker überzeugen, auch nicht alle Fans. Live konnten sie aber auf dem Open Flair zeigen, dass sie zurecht einen Headliner-Spot ergattert hatten und entsprechend gewohnt rockig und energiegeladen legten Matt Tuck und Co sich auch ins Zeug. Das Werdchen war proppenvoll gefüllt, die Stimmung super und es gab jede menge Hits aus der umfangreichen BFMV-Schaffensgeschichte auf die Ohren der Eschweger.
Vor vier Jahren erschien das Debütalbum von „Adam Angst”. Seitdem waren sie viel live unterwegs und so führte sie ihr Weg nun auch zum Open Flair. Ihre Musik war ohne Schnörkel, die Texte gerade heraus und wunderbar ehrlich. Über ihr letztes Album „Neintology” schrieb das Magazin prettyinnoise.de: “Ein Album, das sich in gewohnter Weise in keine Schublade stecken lässt.”

Letzter Headliner des diesjährigen Open Flair waren „The Offspring”. Ja genau – die Band, die in den 90ern mit „Self Esteem” einen Mega-Hit (und noch vielen weiteren) erzielte, ist immer noch unterwegs. Die Kalifornier um Sänger Dexter Holland feierten mit neuem Album ihr 25-jähriges Bestehen. Im Gepäck hatten sie natürlich dennoch auch ein paar der älteren und beliebten Hits.

Nach The Offspring führte mich mein Weg dann wieder in die heimatlichen Gefilde. Es regnete. Im Autoradio lief eine „Best Of R.E.M.“-CD. Mein Kopf war voller Gedanken an all die wunderbaren Momente, die ich wieder in Eschwege erlebt hatte und an all die großartigen Künstler, die ich fotografieren konnte. Zum Open Flair Festival zu fahren bedeutet Jahr für Jahr fantastische Bands, tolles Ambiente und ein Treffen mit vielen, guten Freunden. Ich freue mich jetzt schon extrem auf nächstes Jahr!

zur Galerie – Mittwoch

zur Galerie – Donnerstag

zur Galerie – Freitag

zur Galerie – Samstag

zur Galerie – Sonntag


Setze doch einen Trackback auf deine Seite.


Benutzerdefinierte Suche