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Queens of Metal Open Air 2012

Pain mgg (3)Steile Treppen, böse rosa Mächte, Regen und ein Neubeginn

21.07.2012 [db] Als das dritte Navi während unserer Fahrt zum Naturtheater Steinbach meint, uns im Kreis führen zu können und die Entfernung zum Zielort von 25km auf sagenhafte 25,497km schnellt, wissen wir, dass wir uns im Thüringer Wald verfahren haben. Als Thüringer. Wie peinlich. Aber Serpentinen hoch- und runterrasen hat Charme. Vor allem dann, wenn Opelfahrer aus Sachsen schreckhaft alle hundert Meter aufs Bremspedal treten und mitten auf der Straße stehen bleiben. Die ersten beiden Bands des Queens of Metal Open Airs gehen uns verloren. Aber wann hat man schon mal solch exorbitanten Spaß am Rennsteig. Pünktlich um 12.00 Uhr stand die erste Band des Festivals auf der Bühne und wir standen irgendwo zwischen Steinbach, Steinbach und Steinbach ratlos vor einer Landkarte. Ob Retaliation und Kelebra den Eintritt bereits wert waren, können wir an dieser Stelle also leider nicht sagen. Wie ein Rohrspatz auf drei verschiedene Navisysteme schimpfen, war unser Opener des Tages.

Freitag – 20.Juli 2012: Meine besten Freunde für die nächsten zwei Tage werden dann wohl auch Treppenstufen und Mücken sein. Herrlich. Egal, wo man hinwill, es sind immer Stufen im Weg. Das Naturtheater ist imposant. Die Ränge gehen steil nach oben. Und um die Mittagszeit haben sich dort grüppchenweise die ersten Besucher versammelt. Den etwas weit entfernten Zeltplatz sieht man vom Einlass des Geländes aus hoch oben auf einem Hügel gegenüber. Und während wir uns akkreditieren spielen Hateprison gerade ihr Set. Das Wetter scheint es auch gut mit uns zu meinen, denn die Sonne kommt heraus. Das könnte ein wunderbares Wochenende werden. Was das Festival noch vertragen kann – nach dem ersten Rundgang über das Gelände – sind mehr Besucher. Am Nachmittag sind die Ränge gähnend leer und auch gegen Abend füllt es sich nur allmählich. Vielleicht kann der Samstag halten, was der Freitag leider nicht verspricht: die Aussicht auf ein erfolgreiches Festival in neuer Umgebung. Zwei Jahre hat das Queens of Metal – bedingt durch die nicht einfache Suche nach einer neuen Location – pausieren müssen. Jetzt ist es zurück. Hoffentlich auf Dauer. Denn das erste Jahr ist von den Besucherzahlen her noch nicht optimal. Aber was nicht ist, kann ja noch werden. Und Potential hat es. Auf jeden Fall. Einen ersten richtigen Vorgeschmack, was aus dem Queens of Metal im Naturtheater werden könnte, geben Origin am Abend, die erst die Besucher auf den Rängen mobilisieren nach unten zu kommen und dann ihr Death Metal-Brett durch die akustische Kulissen jagen. Noch besser, einfach besser sind kurz darauf Suffocation. Death Metal-Bands aus den Staaten sind einfach immer wieder eine Schippe derber als der Rest. Und diese New Yorker spielen brutal gut. Brutal Death Metal eben. Frontmann Frank Mullen atmet Death Metal, spuckt Grindcore und lebt Suffocation. Nebenbei hat sich auch der Platz vor der Bühne gut gefüllt und man bekommt langsam richtiges Open Air-Feeling. Nicht zuletzt dank der obligatorischen Festivalchaoten, die sich mit Morgenmantel, Krone oder überdimensionalem Kuscheltier in Szene setzen und dem Ganzen die richtige Würze verleihen. Der Wahnsinn schwappt dann auch kurz nach 22 Uhr auf das Queens of Metal über, als J.B.O. ihren Auftritt haben. Das rosa Böse. Die knallig überbordende Reinkarnation aller gewesenen und zukünftigen Kirmesbands treibt 90 Minuten lang im Thüringer Wald ihr Unwesen. Dabei können sich die Krieger in rosa, die stolzen Verteidiger des Blödsinns, auf die Textsicherheit der Fans verlassen. Und derer scheint es viele zu geben. Wer nicht gerade einen very evil Maurerhut zur Schau trägt oder mit rosa T-Shirt glänzt, schlappt eben als Krümelmonster über den Platz oder hat die Zebraleggings seiner Schwester aus dem Schrank geklaut. Als wir uns in dieser Freitagnacht fürs erste vom Queens of Metal verabschieden, sehen wir eine rot ausgeleuchtete Bühne, dazwischen mysteriöse Gestalten in rosa, eine johlende und mitsingende Menge und viel Bewegung auf den Rängen. Über allem Dampf. Das kann man so stehen lassen. Mehr als Wahnsinn war von J.B. O. nicht zu erwarten. Und genau das haben sie geboten.

Suffocation mgg09Samstag – 21.Juli 2012: Ach, es hätte so schön werden können. Auf dem Weg nach Langenbach steigert sich die Dosis Regen pro Quadratmeter je näher wir der Location kommen. Die Gummistiefel in den Kofferraum zu packen, war keine schlechte Idee. Einen Regenmantel mitzunehmen, wäre noch besser gewesen. Und eine komplett wasserdichte Kameraausrüstung unser Eigen zu nennen, wäre wohl perfekt. Hoffentlich hält das Dach vom Backstagezelt, denke ich mir noch, als wir unsere Arbeitsstation aufbauen. Die ersten Bands werde ich mir optisch schenken und vom Zelt aus zuhören – der Regen von oben, unten, links und rechts macht mir den zweiten Tag Queens of Metal ein klein bisschen madig. Unser Fotografenchefchen ist bei den ersten Bands auch der Einzige, der sich in den Graben traut. Kein anderer scheint seinem Equipment in Zusammenspiel mit dem Regen eine Überlebenschance einzuräumen. Nur die Harten kommen in den Garten. Sieht zwar putzig aus, wenn die Kamera komplett mit Gaffa getaped ist und der Kopf in einer Tüte steckt, aber es erfüllt seinen Zweck. Vor einer ziemlich überschaubaren Menge geben Excess Pressure und Fastbeat Superchargers ihr Bestes. Ich lausche leider eher dem Regen als den Bands – zwischendurch wird es weniger, dann nimmt der Regen wieder zu. Ich wünsche mir Glühwein her. Kaum denke ich über Glühweinkoma nach, hört der Regen (fast) auf und die Sonne kommt heraus. Gerade rechtzeitig zur Stagetime von Goregonzola.  Können die schön quieken. Gehören ja auch irgendwie zum Inventar des Queens of Metal, denn schließlich ist Goregonzola die Band von QoM-Personalmessias Newi. Wenn die Personalgespräche genauso klingen wie die Band on Stage, dann Prost Mahlzeit. Mitarbeiter auf dem QoM scheinen Spaß zu haben.

Beim Blick aus dem Zelt laufen mir zwei Mitarbeiter der Security über den Weg – „Good Night White Pride“ – ganz im Einklang mit dem Hinweisschild am Einlass, das deutlich zeigt: „Nazis unerwünscht“. Die Firma ist uns vor zwei Jahren bereits auf dem Wolfszeit begegnet. Richtig abgenommen habe ich dem Veranstalter den Einsatz dieser Securities damals aber nicht. Hier schon. Bei Soul Demise , Dark Age und Dew Scented hat sich das Wetter dann vollends für trocken und sonnig entschieden. Das bemerkt man auch gleich am wachsenden Zuschauerstrom, der jetzt munter die Treppen im Naturtheater hoch- und runterläuft. Bei einigen Bands fragt man sich, nach welchen Kriterien die Sänger ausgesucht werden. Weil sie schnuckelig aussehen? Gut ihr Haar schütteln können? Noch ein Instrument spielen? Growls sind okay, aber den Gesang lasst bitte, bitte weg – liebe Jungs von Dark Age. Die Akustik im Naturtheater trägt jeden stimmlichen Schnitzer bis ganz nach oben. Wir warten ohnehin auf eine ganz andere Garde Bands – Milking The Goatmachine. Als es hinter der Bühne hervorschallt: „Helme auf!“; weiß der geneigte Besucher, dass der Spaß jetzt richtig losgeht. Die Ziegenköpfe verstehen ihr Handwerk. Schon auf dem Party.San vor zwei Jahren war es eine Wonne, ihnen zuzusehen und sie zu hören. Das Vergnügen dieses komplett durchgeballerten Death Grinds zog sich auch durch ihren Auftritt hier.  Nicht weniger brachial, aber derbe rotzig, brachen sich später Exodus ihre akustische Bahn durch das Naturtheater. Die Kalifornier sind Thrash Metal-Experten. Aber – Herr im Himmel – muss das Gerotze auf die Bühne, wo man geht und steht, sein? Die alte Riege von Grave Digger kam ohne diese Absonderungen aus und dennnoch beim Publikum an. Ebenso Pain, die das Queens of Metal dann zum Abschluss brachten. Es sind die alten Eminenzen aus Rock und Metal, die sich immer wieder als sichere Bank erweisen. Was bleibt zu sagen? Das Queens of Metal hat sich als familiäres, kleines, feines Open Air herausgestellt, das durch Kulisse und Line Up durchaus punkten kann. Es wäre schade, wenn das QoM 2012 das letzte seiner Art gewesen sein sollte. Mit etwas langem Atem kann man das Potential dieses Festivals voll ausbauen und Thüringen um ein weiteres Open Air bereichern. Durchhalten. Die Besucher werden kommen. Jenen, die in diesem Jahr da waren, hat es gefallen. Jenen, die im nächsten Jahr dazukommen, wird es gefallen. Mit Sicherheit. Wir warten auf News. Und hoffen auf 2013. Dann werden wir – zur Vorbereitung – strategisches Treppenlaufen proben.

Und vielleicht haben sich die fehlenden Besucher in diesem Jahr einfach nur genauso grandios dämlich verfahren wie wir. Wäre eine Erklärung.

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