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Ihr seid das schönste Publikum, das wir jemals hatten

Impressionen 7point (2)7point Open Air 2010

19.06.2010 [db] Erstaunlich viele Zelte stehen im Elxlebener Park, mehr noch als im letzten Jahr. Als wir in dem kleinen Dorf ankommen, fährt gerade der Shuttlebus ab, der einen Schwung Festivalbesucher gebracht hat. Sie laufen zum Teil schwer bepackt – mit Zelt und Schlafsack – Richtung Park. Wie jung die Leute beim 7point insgesamt sind, werde ich ein wenig später am Bierwagen erfahren „müssen“. Doch erst einmal genießen wir die Sonne, die herauskommt und halten einen kurzen Schwatz mit Veranstalter Richy am Einlass. Die Parkplätze werden knapp, zwar wird das 7point am Ende des Tages nicht ausverkauft sein, doch mehr Publikum als im Vorjahr hat es auf alle Fälle.

Neben den Merchständen brutzeln schon die Bratwürste und die Burger, in der Nähe eine Karaokebühne und auf dem Platz feiner Kies, der beim Moshen später gewaltig Staub aufwirbeln wird. Neben der Bühne sieht man die Reste eines Spielplatzes: eine verwitterte, alte Wippe und eine schaukelnde Dinobank.  Die Wippe wird gerade von sechs großen Kerlen in Beschlag genommen, zu viel für das morsche Holz. Während die Jungs auf dem Boden kullern, sehen wir uns die erste Band des Tages an. Zwei Bands mussten in diesem Jahr leider absagen: das Festival wird ohne Myra und All For Nothing steigen. Genug um die Ohren gibt es dennoch. Relive Your Fall eröffnen das Festival und lassen es gleich ordentlich krachen, überhaupt sind die Hardcore Bands in Spring und Mosh-Laune. Frontmann Marco von Off The Hook, die False Friend ersetzen, verzichtet gar auf die Bühne und läuft seine Runden davor, schmeißt sich auf den Boden und wälzt sich im Dreck. Punk pur. Die erste Überraschung des Tages erleben wir mit Those Foxy Mullygrub Kids – die covern rotzfrech durch die komplette Musiklandschaft, proben nicht, aber „für euch reicht‘s“. Okay, sie haben auch „das schönste Publikum überhaupt“ vor sich und lassen den Schweiß zu ABBA-Songs in Strömen fließen. So recht will das Publikum bei den ersten Bands nie richtig nah an die Bühne heran. A Dreadful Vision wussten sich da zu helfen. „Und jetzt heben wir alle mal das linke Bein… schön seht ihr aus. Und jetzt gehen wir alle einen großen Schritt nach vorne.“ Als dann noch ein rosa Ballon ins Spiel kommt, kommen der ein oder andere in Bewegungsnöte, auf den Boden fallen soll er ja nicht. Zwischen den Leuten sehe ich ab und an einen gelben Kinderregenschirm hervor blitzen und denke mir noch: „Ach, ist der süß.“ In dem Moment ist auch schon vorbei mit dem Spaß und das arme Ding liegt zerfleddert am Boden. Egal, es gibt genug zu sehen. Überdimensionale Sumsi-Sonnenbrillen, überdimensionale Ohrlöcher und Tätowierungen und Haarfarben in Hülle und Fülle. Die Abwechslung macht’s. Nicht nur in der Menge, sondern auch auf der Bühne. Kleine Erholungsphasen bieten Exoten wie Those Foxy Mullygrub Kids und Lolapaloosa. „Die fetzen“, würde mein Chef sagen. Die Band aus Apolda zwängt sich nicht in ein enges musikalisches Korsett. Mal lädt der Offbeat zum tanzen ein und mal härtere Sreamparts zum Moshen. Immer unterlegt mit Saxophon. Zwischen weiteren Hardcore Acts wie Bloodattack und – einem der beiden Headliner des 7point – Final Prayer, bei dem die Bühne geentert wird, machen die Franzosen von P.O. Box einen Zwischenstopp im Park. Kaum geschlafen haben sie, doch ihr Auftritt wird zu einem Ska-Punk-Feuer in Vollendung. Das ist das erste Mal an dem Tag, dass ich die Bühne nicht mehr sehen kann. Überall Staub. Überall fliegende Hände und Füße. Es ist der Wahnsinn.

Zwischendurch will ich mir am Bierstand eine Cola holen und werde von zwei Welpen angesprochen, zwei Jungs, die kaum ihren Führerschein haben und deren Geld nicht mehr für ein Bier reicht. Also pumpen sie mich an. Ich denke mir noch, dass die 60 Cent niemandem weh tun und wackele mit meiner Cola zurück zu meinem Chef. Keinen Wimpernschlag später schlagen die zwei Jungs direkt neben mir auf und erzählen ihren Freunden mit glänzenden Augen, dass es mit dem Bier ja doch noch geklappt habe, sie hätten da „so eine Alte angehauen“. Schönen Dank auch. Mein darauf folgender Brüller lässt sie fast zu Boden gehen und ich schaue auf der Toilette nervös im Spiegel nach, ob ich schon echt so viele Falten habe. Damit nicht genug. Hinter Richy muss ich japsend her rennen, als ich ihm ein paar Fragen stellen will, denn er ist – wie immer – in Eile. Bevor Final Prayer die Fans noch mal komplett zum austicken bringen, tritt er auf der Karaokebühne mit seiner Band RAVETOLOG♥Y auf. Dazu MUSS man einfach ein paar Worte verlieren. Das, was die Jungs fabrizieren, ist so charmant chaotisch und bekloppt, dass es schon wieder cool ist. Vor der kleinen Bühne herrscht ein Gedränge, als ob hier der eigentliche Hauptact des Tages spielen würde. Zappeliges Umherspringen und Gejohle, nach einer Viertelstunde ist der Spuk vorbei und der Regen setzt ein. Abgekühlt hat er die Leute bei Final Prayer dann aber doch nicht.

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