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7point Open Air 2011 – ein „Alles“-Festival verabschiedet sich

BBL-323.07.2011 [db] Ein letztes Mal den Staub im Park von Elxleben aufwirbeln. Seit fünf Jahren veranstaltet Richard Hartl mit viel Enthusiasmus das 7point Open Air. In einer kleinen verschlafen Gemeinde, mitten in Thüringen, spielten seit 2007 Punk, Hardcore, Ska und Alternative Bands. Damit ist nun wohl Schluss. Richard zieht es nach Sachsen. Und mit ihm verschwindet dann auch ein ambitioniertes, junges Festival von der musikalischen Landkarte. Der Anspruch war nie der einer kommerziellen Veranstaltung – alternativ und wild. Schon immer. Das 7point füllte die Lücke zwischen Party.San Open Air, Stoned From The Underground und den Bands des Krämerbrückenfestes. Alle, die dort nicht so recht hinpassten, fanden hier einen Hort. Es war kein reines Hardcore-Event, obwohl es in seiner Geschichte viele Hardcore Bands im Line Up hatte. Es war kein Ska-Festival, kein Metalfestival oder im Indie verankert. Es war von allem etwas. Aber eines mit Sicherheit: laut und spritzig.

Am 07.07.2007 wurde es zum ersten Mal richtig laut in der kleinen Gemeinde. Seit diesem Tag jedes Jahr an einem Samstag im Juli. In diesem Jahr nun gab es zwei Tage lang Bands wie Riplay, Ravetology, Loui Vetton und Mathelectrics. Warum zwei Tage? „Einfach so.“ Warum nun zum letzten Mal? – Vielleicht auch nicht, das entscheidet sich kurzfristig, irgendwann später. Aber die Zeichen stehen schon auf Abschied. Grund genug es auf zwei Tage auszuweiten und noch einmal richtig zu feiern. Leider blieb der große Besucheransturm aus. Wobei Events wie dieses ohnehin selten hier sind. Metal, Stonerrock, Mittelalterrock, Gothicrock und Liedermaching haben ihre Nischen in Thüringen gefunden. Hardcorebands sieht man eher selten im Line Up der hiesigen Festivals. Das 7point war dahingehend eine sichere Bank. Vorbei der Spaß. Doch zwei Tage lang gab es noch einmal Bands satt. Umrahmt wurde das ganze von einer Karaokebühne, auf der schon am Freitagnachmittag recht schräg gesungen oder besser geschrien wurde. Ein paar Installationen gaben dem Ganzen ein künstlerisches Flair. Und der vegetarische Stand genügend Gründe für Verwirrung: „Wie? Kein Fleisch? Ein Burger ohne Fleisch? Dann nehm ich die Pommes.“ Am Samstag gab es an einem Merchstand auch Burger – vegan. Für Fleischesser aus Leidenschaft waren diese zwei Tage eine Prüfung. Der Rest futterte Pommes oder scharfe Suppe. Und sah dem Sprayer zu, der am Freitagnachmittag jede freie Pappfläche auf dem Gelände gestaltete.

Das Schöne an diesem Festival war immer, dass man hier auf Bands traf, die man noch nie live erlebt hatte. So auch in diesem Jahr. Mathelectrics, um nur einen Act zu nennen, taten sich erst durch einen herrlich langen Soundcheck und dann durch wunderbar sphärische und elektronische Melodien hervor. Ohne Schimpf – den Gesang hätte man im Grunde weglassen können. Die Kompositionen klangen auch ohne Stimme satt und rund. Ander bei Rattenkäschel, einer Metalband, die noch nicht so recht weiß, was sie da tun und wie sie es tun. Anders als Betty Murdered Me, die richtig schöne professionelle Hardcore-Action boten – fliegende Rastas, zackige Gesten inklusive. Die beste Show lieferten aber Smile and Burn ab. Mit einem gehandicapten Sänger, der seinen Fuß in Gips hatte, verlagerten sie die Show von der Bühne vor die Bühne, den Circle Pit um hin herum und den Staub bis an den Himmel. Elfengleich und mit einer hübschen Fahne vom Vorabend – eigener Aussage nach – reisten Loui Vetton kurz vor ihrem Auftritt an und verzauberten mit Ska, Feenflügeln und Zauberstab. The bad guys are back in town. Loui Vetton sind alte 7point-Bekannte. Bei ihnen weiß man, dass man Spaß haben wird und das heftigst getanzt wird. So auch an diesem Abend. Jetzt kam 7point-Stimmung auf. So hatte ich es in Erinnerung und so soll es in Erinnerung bleiben. Ein bunt gemixter HaufenPublikum vor der Bühne und eine Band, die ihr Publikum nicht still stehen lässt. Die letzten Acts des 7point waren dann noch einmalHardcore pur – bei Today Forever und Strength Approach stoben die Staubwolken hinaus in die Nacht. Und wir verließen den Park, dessen Bäume in rot, gelb, blau und grün angestrahlt, uns den Weg nach Hause wiesen.

Man hätte sich mehr Besucher gewünscht. Das weinende Auge über einen weiteren weißen Fleck auf der musikalischen Landkarte tränt noch immer ein wenig. Aber vielleicht kommt Richard ja doch für eine weitere Auflage des 7point auf Stippvisite zurück. Oder er nimmt es mit nach Sachsen.

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