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Im Zeichen der Lyra

Joja Wendt Lyra Tour 2011 (5)

Joja Wendt verzaubert mit seiner musikalischen Geschichte das Publikum im Erfurter Kaisersaal

16.04.2011 [nm] Eben noch ein „Hallo, ihr auch hier?“. Ein „Oh, wir haben die gleichen Plätze wie beim letzten Mal.“ Ein „Hach, ich liebe diese Atmosphäre.“ Ein letztes Gespräch. Ein letztes Flüstern. Dann ist es mucksmäuschenstill im Kaisersaal in Erfurt. Egal ob in der ersten Reihe des Parketts, in der Mitte des ersten Ranges oder hoch oben unterm Dach. Alle blicken gespannt auf die Videoleinwand. Ja, es ist Abend geworden. Außerhalb des Musiksaals dämmert es schon leicht. Auch auf der Leinwand hat der Schimmer der rot-blauen Farben den Kampf gegen die herannahende Dunkelheit schon fast verloren. Ganz rechts im Bild da sitzt sie mit wachen Augen. Die Orgel. Die Königin der Instrumente. Die Hüterin der Regeln. Unter ihrem starren, erhabenen Blick wagt niemand sich zu bewegen. Nur das Klavier, das heute Abend der Hamburger Pianist Joja Wendt regiert, das wagt einen Mucks. Ja es traut sich sogar die ehrfürchtige Ruhe mit der ersten vor über 2000 Jahren niedergeschriebenen Melodie, der Seritas Epitaph, zu stören. Bei den anschließenden Jazz- und Boogie-Stücken hält sich der Meister an den Tasten nicht streng an das Notenmuster, sondern beginnt zu improvisieren, wie es ihm beliebt. Doch die Herrscherin der Instrumente duldet keinen Regelbruch. Sie wirft das Klavier vor den Augen des Publikums aus ihrem hohen Turm und damit aus der Familie der Instrumente. So landet es krachend und pfeifend unter tosendem Beifall mitten auf der Bühne. Damit beginnt die musikalische Geschichte „Im Zeichen der Lyra“, die Joja Wendt heute, wie es sich für einen Tastenkünstler gehört, nicht allein mit Worten sondern mit Tönen erzählen will.

So hat der Kasten mit den schwarz-weißen Tasten den „St. Louis Blues“, weil er sich plötzlich ganz allein fühlt und „Der Ungarische Tanz Nr. 5“ drückt ihm aufs Gemüt. Das Klavier rappelt sich auf in „Die Halle des Bergkönigs“, um gegen die Wächter (große Tromeln, die Joja Wendt und seine Crew in atemberaubender Geschwindigkeit spielen) zu kämpfen. Plötzlich hört das Klavier die wundervolle Melodie der „Königin der Nacht“ und träumt davon, wie es doch wäre wieder, im Turm leben zu können. Dann steht das Duell gegen den letzten Krieger, die Geige (eindrucksvoll gespielt vom rumänischen Violinisten Florentin) an. Die beiden verbünden sich. Als ihre Klänge immer weiter verschmelzen, hält es im Kaisersaal keinen mehr still auf den Plätzen. Egal ob Groß oder Klein, Jung oder Alt – alle pfeifen, johlen und trampeln was das Zeug hält.

Bricht die Orgel mit ihren Prinzipien? Haben sich all die Anstrengungen – und sogar das zerrissene Hemd – des Pianisten gelohnt? Konnten die Königin der Instrumente all die hohen und tiefen Töne beeindrucken? Haben die flotten Finger und fliegenden Hände Wirkung gezeigt? Haben Witz und Charme die Königin der Nacht bezirzt?  Haben meisterhaftes Können und spielerische Leichtigkeit Eindruck gemacht? Das soll an dieser Stelle offen bleiben. Denn für all die Fans klassischer Melodien, die dieses Highlight für alle Sinne in den nächsten Tagen, egal ob am 2. Mai in Kiel, am 12. Juni in Joja Wendts Heimatstadt Hamburg oder am 8. Dezember in Leipzig noch selbst erleben werden, soll es genauso spannend sein wie für die restlos begeisterten Gäste in Erfurt.

Nur so viel sei schon jetzt verraten: Das Licht im Saal geht unter nicht enden wollenden Jubelstürmen und Standing Ovations wieder an. Der Himmel auf der Leinwand wird wieder blau und die weißen Wolken ziehen weiter. „Ist es schon vorbei?“, hört man jemanden flüstern und „Bravo! Bravo!“ hallt es von den Rängen, als sich Joja Wendt und sein Flügel vor dem Thüringer Publikum mit einem sichtlich zufriedenen Lächeln verbeugen.

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