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Wann wird’s mal wieder richtig Sommer

Großgemusterte Tapeten, bunte Brillen und ein Meer aus Sonnenblumen

20.06.2015 [sh] Perücken, Brusthaartoupets, buntgemusterte Schlaghosen, Plateauschuhe und die obligatorische Sonnenblume, so bekleidet pilgerten am vergangenen Samstag hunderte Hippies zur Parkbühne. Das konnte nur eines bedeuten: Dieter Thomas Kuhn gab sich die Ehre und rockte die Parkbühne. Wer kennt sie nicht, die Songs der 70er Jahre? Als man „Barfuß im Regen“ tanzte oder nach dem Leitspruch lebte „Aber bitte mit Sahne“. Eine Zeit, in der Mutti und Vati sich noch heimlich in Hauseingängen rumdrückten um zu knutschen. Als die Röcke kürzer, die Hosenbeine weiter, die Kopf- und Brustbehaarung länger und die Absätze auch für Männer höher wurden. Eine Ära in der man die Autos noch an ihrer Form erkannte, die Motorräder noch Beiwagen hatten, der Sommer noch heiß war und man auch im Flachland wusste, wie es sich anfühlte, durch meterdicken Schnee zu stapfen.

Die Wohnungseinrichtung hatte futuristische Züge, die Tapeten standen der Kleidung an Mustergröße und Schrulligkeit in nichts nach, sie waren genauso bunt und groß gemustert, wie die Klamotten selbst und man rebellierte gegen alle auferlegten Zwänge.

Wie kann man den Abend beschreiben? Schrill, schriller, eingefleischter Dieter Thomas Kuhn Fan, trifft es wohl am besten. Bereits lange vor Beginn des Konzertes flanierten die Fans im Flower Power Outfit durch den Clara-Zetkin Park. Man versammelte sich und grillte gemeinsam. Glücklich diejenigen, die eine der begehrten Karten bei sich hatten, welche zum Eintritt legitimierten. Alle anderen genossen die Zeit, die Musik, ja zelebrierten den Abend als Happening außerhalb der Location.

Pünktlich 20.00 Uhr ertönte das Intro „Musik ist Trumpf“ und die Musiker betraten im feinen 70er Jahre Zwirn die Bühne, gefolgt von Dieter Thomas Kuhn selbst. Ein Jubel ging durch die Reihen und man begrüßte den Meister der Föhnwelle mit einem Meer aus Sonnenblumen. Die Fans wollten feiern und vor allem wollten sie ihr Idol gesanglich lautstark unterstützen. Ob Bata Illic´s „Michaela“ oder die Klassiker des unvergessenen Udo Jürgens „Aber bitte mit Sahne“ oder „Griechischer Wein“, die Fans zeigten sich textsicher. Aber wen wundert es, so wuchsen doch die meisten der Anwesenden mit dieser Musik auf. Auch wenn die Schlagerbranche so manch Häme über sich ergehen lassen muss, so verbindet sie doch Menschenmassen und ist auf Partys immer Feier- und Stimmungsgarant. So auch in der kleinen gemütlichen Leipziger Parkbühne. Man stellte gemeinsam fest, „Ich war noch niemals in New York“, besang die grenzenlose Freiheit „Über den Wolken“ und fühlte sich neugeboren, denn „Eine neue Liebe, ist wie ein neues Leben“. Maffays Hymne „Es war Sommer“ sorgte für eine hohe BH-Wurfaktivität. Ob jedoch getragen oder ungetragen blieb ein Geheimnis der Werferinnen. Mehr Tempo brachten dann die Umsetzungen von „Dschingis Kahn“ und „Fiesta Mexicana“. Die Masse tobte und immer schneller und höher drehte sich die Stimmungsspirale, dem Siedepunkt entgegen. Mit „Fremde oder Freunde“ suchte Dieter Thomas Kuhn die Nähe seiner Fans und drehte eine Runde vor der Bühne, läutete aber auch mit dem Song das Ende des Konzertabends ein. Begeisterter Jubel folgte, frenetischer Applaus und auch die „Dieter, Dieter“ Rufe verhallten nicht und so gewährte der „Meister“ weitere Zugaben. Den Abschluss bildete „Tränen lügen nicht“, mögen sie an diesem Abend jedoch lediglich aus Freudentränen bestanden haben.

Ja, es ist schön auf der Welt zu sein und vor allem, gibt es Dinge und vor allem Menschen, die das Leben lebenswert machen. Jeder erlebt seine eigenen Wunder, solange man es nur zulässt. Texte die doch so banal sind, aber die Gefühle und Befindlichkeiten auf den Punkt treffen, wenn man sie selbst nicht in Worte fassen kann. Solange die Musik für solch Begeisterung sorgt, solange wird auch der Schlager weiterleben.

Es war für mich ein Ausflug in eine andere Welt. Aber der Erfolg spricht Bände und Geschmack ist bekanntlich verschieden. Was jedoch meines Erachtens die Stimmung trübt, ist der zu beobachtende zu tiefe Blick ins Bierglas. Kann heutzutage nur noch gefeiert werden, wenn man sich ins Delirium trinkt? Und ja, es ist schön, wenn auch Kinder schon die Musikleidenschaft der Eltern teilen und die Texte mitsingen, aber sollte man nicht zumindest darauf achten, dass ein ausreichender Schutz Gehörschutz vorhanden ist?

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