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Open Flair 2024

Open Flair 2024Alles Liebe zum 40. Geburtstag, liebstes Open Flair!

22.08.2024 [al] Auch in diesem Jahr verwandelt sich Eschwege am zweiten Augustwochenende in ein großes Festivalgelände und wie auch all die Jahre davor kommen die Besucher von nah und fern. Für mich ist das Open Flair mittlerweile wie ein jährliches Familientreffen: man kennt und schätzt die anderen Fotografen, man kennt die Secus, die großartige Arbeit leisten und mit denen man sich wirklich sicher fühlt und man sieht auch ein paar bekannte Gesichter im Publikum, auf die man sich immer wieder freut. Es gibt wohl kein vergleichbares, so abwechslungsreiches Festival in Deutschland. Und wieder fühle ich mich auch hin- und hergerissen zwischen all den verschiedenen Bühnen und Locations.

MITTWOCH

Am Mittwoch und Donnerstag hat, wie gewohnt, nur die Seebühne geöffnet. Das bedeutet: wer feiern will, kommt hierher. Erste Band am Mittwoch ist Das blühende Leben. Bereits bei Engst, der nächsten Band des Tages, ist die Stimmung fantastisch. Beim dritten Song mischt sich Sänger Matthias Engst unters Publikum und lässt den Circlepit um sich kreisen. Später folgt auch noch Ramin, der mit seiner Gitarre crowdsurft.

Kapelle PetraIn diesem Jahr spielen die Monsters of Liedermaching gleich mehrfach auf dem Open Flair: während auf der Seebühne selbst umgebaut wird zwischen den Bands, spielen die Monsters auf dem Gelände direkt am See auf einem kleinen Truck. Das Publikum singt gewohnt lautstark jede Textzeile mit. Kapelle Petra aus Hamm haben Anfang des Jahres ihr aktuelles Studioalbum “HAMM” veröffentlicht und reihen sich an Tag 1 ein in die Bands, die für ausgelassene Stimmung sorgen. Sie erklären dann auch noch das Open Flair zum Weltkulturerbe mit dem gleichnamigen Song (“Weltkulturerbe”). Eine Idee, die sicher ihren Reiz hat 😉 Die Single “Geht mehr auf Konzerte” darf gegen Ende der Show natürlich auch nicht fehlen. Montreal, die letztes Jahr ihr sage und schreibe 20-jähriges Bandjubiläum feiern konnten, haben im April ihr achtes Studioalbum “Am Achteck nichts Neues” veröffentlicht. Und so haben sie mittlerweile ein großes Repertoire an Liedern, auf das sie zurückgreifen können. Im Laufe der Show sorgt dann noch Sebastian Madsen für einen kurzen Gastauftritt am Schlagzeug bei “Walkman Revolution”.

Das Alkaline Trio aus Chicago ist am ersten Tag der für mich einzige internationale Act. Mit ihrem klassischen US-Punkrock sorgen sie für einen gelungenen Abschluss. Bereits 2013 spielten sie beim Open Flair und wussten damals auch schon zu überzeugen.

DONNERSTAG

Das Lumpenpack Wenn das Lumpenpack a.k.a. ein Klumpen Hack a.k.a. CKAP NADELMUPS die Bühne betritt, ist gute Laune auf und vor der Selbigen garantiert. Und so ist es auch an diesem Donnerstagnachmittag nicht verwunderlich, dass sich schon viele Fans auf dem Gelände versammeln. Bei “immer noch drauf” gibt es Kuchen für die Fans in der Wall of Death. Könnte man ruhig öfter machen. Mit der Ansage “Deine Hände gehören an keinen fremden Körper”, welche lautstark applaudierend vom Publikum aufgenommen wird, wird “Hauch mich mal an” angestimmt. Auch die neue Single “Sabine R.” darf nicht fehlen, genauso wenig wie der Kult-Hit “Ford Fiesta”, bei dem sich Sänger Jonas und Gitarrist Maximilian auf einem aufblasbaren Auto von den Fans über die Menge tragen lassen.

Bei Kmpfsprt aus Köln, der zweiten Band des Tages, ist es dann etwas ruhiger vor der Bühne. Dennoch sind hier und da vereinzelt Circlepits und gemeinschaftliches rudern zu sehen. Die Leftovers aus Wien sprechen ganz klar eher das junge Publikum an. Jung, frisch und “an die gewaltige Kraft der Stromgitarre erinnern wollen” (Auszug Pressetext) haben sie mit mittlerweile zwei Alben und einer Live-EP auch einiges Material geschaffen, welches gehört werden will und soll. Die Coverversion der ersten Tokio Hotel-Hitsingle “Durch den Monsun” ist da gar nicht nötig.

So sehr die Leftovers eher das junge Publikum ansprechen, so sehr sind Red Fang dann eher etwas für die “ältere” Generation: Stonerrock-Elemente, gewaltiger Bass, Schlagzeug und Gitarrenriffs. Vermutlich sind die vier Musiker aus Oregon (USA) damit die Exoten am heutigen zweiten Tag des Open Flair. Leider gibt es gegen Ende recht starke Tonprobleme, sodass man die Musik gar nicht mehr wirklich genießen kann. Bilderbuch feiern in ihrem 13-jährigen Bestehen 2024 Premiere auf dem Open Flair. Mich wundert es tatsächlich, dass sie vorher noch nie da waren. Mit ihren ausgefallenen Kostümen und einer eindrucksvollen Lichtshow, die fast epileptische Anfälle auslösen könnte, begeistern sie tausende Fans.

FREITAG

Am Freitag, dem dritten Tag des Open Flair, eröffnet Jungfrau Männlich Deluxe das Hauptgelände auf der Radio BOB!-Bühne. Auch Faultier Berti ist, wie im letzten Jahr, wieder vertreten und hat sich einen Ehrenplatz auf der Bühne beim Auftritt gesichert. Kind kaputt eröffnen dann die Freibühne. Ehrlich, geradeaus und schnörkellos ist ihre Musik, die auch keiner großen Show auf der Bühne bedarf. Talco versetzt den Platz vor der Hauptbühne in eine große Partyzone. Es herrscht ausgelassene Stimmung, als die sechs Italiener unter der strahlenden Sonne an diesem Nachmittag Hits wie “Bella Ciao” zum Besten geben. Alles tanzt. Rikas auf der Freibühne gehen dann fast etwas unter in der nachschwingenden Partystimmung der Radio BOB!-Bühne.

TYNAFür das Open Flair vielleicht etwas ungewohnte Klänge ziehen bei Bukahara über’s Werdchen. Orientalisch angehaucht, untermalt von der rauchig wohligen Stimme von Sänger Soufian. Man muss sich einfach bewegen, wenn die Kölner Band aufspielt. Es wird getanzt, ja sogar geschunkelt. Richtig Spaß macht dann auch TYNA aus Hamburg. Von Anfang an herrscht eine großartige Stimmung. Die Band, die sich musikalisch irgendwo zwischen Punkrock und NDW bewegt, gibt alles auf der Bühne. Das Publikum nimmt dankend an. Als Fotografin lob ich mir so viel Action, da ist der Auslöser ordentlich am Arbeiten. Aber das Set ist nicht nur eine Party. Bei dem ernsten Song “Heute Euphorie” kommen Sängerin Tina und Gitarristin Mia ins Publikum und spielen eine Akustik-Version. Alle um sie herum sitzen auf dem Boden und Lauschen, bevor es dann wieder mit voller Energie weitergeht.

Ein kurzer Abstecher führt mich dann zur Seebühne, wo Janiz aus Chemnitz spielen. Leider haben sich nur wenige Fans vor der Bühne eingefunden. Gerade freitags merkt man oft, dass das Hauptgelände nun geöffnet hat. Hier und da sieht man Leute mitsingen bei dem Roxette-Cover “Sleeping in my car”. Nach einem kurzen, aber kräftigen Regenschauer betreten Annisokay als Nächstes die Seebühne. Die Show ist energiegeladen, Sänger Rudi heizt den Leuten im Publikum, wo sich wieder ein paar mehr Leute eingefunden haben, ordentlich ein. Leider kann ich mir nur die ersten paar Minuten ansehen, weil dann schon der erste Headliner des Tages auf der Hauptbühne ruft.

DeichkindFeine Sahne Fischfilet haben schon einige Male beim Open Flair gespielt, aber noch nie auf der Hauptbühne. Das sollte sich an diesem Tag ändern. Das Werdchen ist voll; alle sind gekommen, um die Band aus Mecklenburg-Vorpommern zu sehen. Fast im Minutentakt schüttet Sänger Monchi Bier über die Fans in den ersten Reihen. Es gibt auch einen ganz besonderen Moment: gestern hatte ein Besucher seiner Freundin einen Heiratsantrag gemacht. Sie hat “ja” gesagt und so wird das heute gebührend mit einem Ritt über’s Publikum auf einer aufblasbaren Banane gefeiert. Da kann man den beiden nur alles Gute für die Zukunft wünschen.

Wer zu Deichkind geht, erwartet vieles. Ganz sicher aber kein normales Konzert. Und so verwundert es nicht, dass gefühlt ALLE diesem Ereignis beiwohnen möchten. Da passt keine Maus mehr auf den Platz. Vor mehr als 10 Jahren hat die Band zuletzt hier gespielt und so liefern sie über 2 Stunden lang eine Show, die es in sich hat: ob nun der Ritt auf einer überdimensional großen Handtasche zu “auch im Bentley wird geweint” oder das gigantische Fass bei “Roll das Fass rein”. Energiegeladener geht es kaum und die Hamburger beweisen, warum sie zurecht Headliner des Tages sind.

SAMSTAG

Am Samstag führt mich mein Weg zuerst zur Seebühne, wo Heisskalt einen ihrer ersten Auftritte seit sage und schreibe 6 Jahren haben. Völlig überraschend und fast wie aus dem Nichts wurde die Band aus Baden-Württemberg noch recht spontan für dieses Jahr ins Programm genommen und wenn ich mir den Platz so ansehe, bin ich nicht die einzige, die sich über die Rückkehr von Heisskalt so freut. Der leider nur 40 Minuten dauernde Auftritt wird von dem Lied “Bürgerliche Herkunft” eröffnet. Die Stimmung während der gesamten Show ist wahnsinnig gut. Die brandneue Single “Wasser, Luft und Licht” darf natürlich ebenso wenig fehlen, wie das textlich großartige “Gipfelkreuz”. Letzter Song des Sets ist “Hallo”, die wohl bisher erfolgreichste Nummer von Heisskalt. Im Anschluss spielen HotWax nach kurzer Umbaupause auf der Seebühne. Leider will der Funke von den drei noch sehr jungen Engländern nicht so richtig überspringen. Apropos Funke: zurück am Hauptgelände funkt es nur so zwischen Roy Bianco & den Abbrunziati Boys und ihren Fans. Die sechsköpfige Band aus Bayern versprüht mit einer ganzen Schippe Selbstironie nur so italienischen Charme mit ihrer Musik irgendwo zwischen Italo-Pop und Italo-Schlager.

Musikalisch gibt es anschließend mein persönliches zweites Highlight des Tages (nach Heisskalt) mit den Beatsteaks. Wenn man diese Band im Sommer bei bestem Wetter Open Air spielen sieht, so gibt es eigentlich nichts passenderes, als das Set mit “Summer” zu beginnen. Und so ist es dann auch beim diesjährigen Auftritt der fünf Berliner. Es folgen dann direkt weitere Hits am Stück mit “Jane became insane”, “Let me in”, später dann auch u.a. “Boombox” und “Hey du”. Zur Zugabe gibt es dann “French Disko” und den Klassiker “Hand in Hand”. AlligatoahKurzer Wechsel zur Freibühne: dort spielen mit Dritte Wahl ein paar alte Hasen des Showgeschäfts. Die Rostocker Band hätte bereits auf dem fünften Open Flair vor 35 Jahren spielen können, denn so lange gibt es die Punkrock-Urgesteine bereits. Dementsprechend ziehen sie nicht nur alte, sondern auch neue und junge Fans vor die Bühne. Neben vielen Songs aus der langen Bandgeschichte gab es auch das ein oder andere Stück vom brandaktuellen Album “Urlaub in der Bredouille” zu hören.

Der nächste Künstler hatte sich eigentlich letztes Jahr von der Bühne verabschiedet. Ende November wurden alle Social-Media-Kanäle geleert, um dann nur wenige Tage später die Single “So raus” mit Fred Durst zu veröffentlichen. Zum Open Flair ist er nun auch zurück: lauter, provokanter, Alligatoah. Die Bühne wie ein Büro eingerichtet, wirft er mit Ordnern um sich, zertrümmert ein Notebook mit einem Baseballschläger und auch musikalisch überrascht der 34-Jährige. Neben aktuellen Hits vom Anfang des Jahres erschienenen Albums “Off” gibt es natürlich auch frühere Nummern zu hören. Die Fans auf dem Werdchen freut’s.

Kurzer Schwenk zurück zur Seebühne: dort spielen Panteón Rococó. Musikalisch stechen die Mexikaner komplett heraus mit ihrem Latin-Ska. Hier bewegt sich das ganze Publikum, es wird getanzt und gefeiert in dieser wunderbaren lauen Sommernacht.

SONNTAG

Am Sonntag eröffnen Contour auf Kassel die Freibühne. Sie selbst waren schon oft als Besucher auf dem Open Flair und natürlich ist es dann ein besonderer Moment, dann auch selbst einmal auf der Bühne hier zu stehen. Es gibt bereits kleine Moshpits und auch eine Wall of Death. Millencolin starten im Anschluss direkt mit einem ihrer erfolgreichen Hits “Penguins & Polarbears” auf der Radio BOB!-Bühne. Im Vorfeld war ich mir unsicher, ob so eine Klassiker-Band des Skatepunk wirklich am frühen Nachmittag des letzten Tages auf der Hauptbühne spielen sollte. Aber es funktioniert. Und das sogar wunderbar! Es haben sich viele Fans eingefunden und die Stimmung ist jetzt bereits ausgelassen. Die ersten Crowdsurfer des Tages sind auch schon unterwegs.

Lonely Spring hatten im Rahmen des Insel Flair 2021 schon in Eschwege gespielt. Drei Jahre später nun sind sie zurück und haben unter anderem ihren Hit “Misfit” dabei, mit dem sie 2023 im deutschen Vorentscheid des Eurovision Song Contest den fünften Platz erzielen konnten. Das Bühnenbild bei Swiss & die Andern ist an den Titel des aktuellen Albums “Erstmal zu Penny” angelehnt, denn es zeigt eine fast identische Nachbildung des Eingangs vom berühmt-berüchtigten Penny-Markt auf der Reeperbahn in Hamburg. Neben dem Ärzte-Klassiker “Schrei nach Liebe” dürfen natürlich auch eigene Songs wie “So bereuen” oder “Nicht für ein Land” nicht fehlen. Die Fans sind am Moshen und Crowdsurfen.

Rise AgainstSetyoursails habe ich als Vorband der Emil Bulls schon einige Male gesehen und auch für gut empfunden, allerdings ist ihr Auftritt auf der Freibühne an diesem Sonntagnachmittag wirklich großes Kino. Energiegeladen und hier und da mit etwas Feuerelementen gespickt, bringt die Band aus Köln mit Frontfrau Jules gut eine Stunde lang die Freibühne zum Beben. Bei “Why”, einem älteren Song, kommt Bassist Nicolai ins Publikum und lässt einen CirclePit fast so groß wie das Gelände der Freibühne um sich kreisen, während er spielt.

Sondaschule sind auf dem Open Flair immer eine sichere Bank und Garant für Partystimmung und gute Laune. Natürlich werden sie dieser Erwartung auch in diesem Jahr wieder gerecht und sorgen für ausgelassene Stimmung auf dem Werdchen. Als Nina Chuba dann als nächste Künstlerin die Radio BOB!-Hauptbühne übernimmt, hat sich der Altersdurchschnitt in den vorderen Reihen fast schon halbiert. Viele der jungen Fans haben Plakate für ihr Idol gebastelt, auf denen sie beispielsweise um ein gemeinsames Foto bitten. Die junge Sängerin, die vor zwei Jahren ihren großen Durchbruch mit dem Megahit “Wildberry Lillet” hatte, begeistert gute 75 Minuten das Publikum.

Den Abschluss auf der Radio BOB!-Bühne bilden, wie auch schon bei ihren letzten Konzerten beim Open Flair, Rise Against. Souverän rocken die 4 US-Amerikaner und bringen das ganze Gelände zum Beben. Großartige Hits, Feuer, Energie und auch ruhige Momente: all das sorgt für einen mehr als gelungenen Auftritt.

Danke, liebes Open Flair und danke an all die wunderbaren Menschen, die diese 5 Tage Jahr für Jahr zu etwas ganz besonderem werden lassen.

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